Sein Motto ist Programm: „Musik mit viel Gefühl“. Der Pianist, Komponist und Sänger Ulli Schwinge lebt von seinen Gefühlen. Seit mehr als vierzig Jahren übersetzt der studierte Musiker seine Emotionen in Töne, schafft Harmonie durch Melodien, ersinnt Lieder, die den Fluss des Lebens beschreiben. Ist das Kitsch? Gefühlsduselei? Oder ist das Kunst? Wer Ulli Schwinge kennt, der erlebt ihn als Momente-Sammler, für den es nebensächlich ist, was andere über seine Songs denken. Er schreibt. Und Schluss. Keine Weltverbesse- rer-Musik. Sondern poetische Miniaturen, verpackt in „Ein paar Akkorde“, wie der Titel seines neuen Albums so treffend wie schlicht lautet. Darauf klingt er, als sei er endlich angekommen. So authentisch, sinnlich und offen wie nie zuvor.
Uli Schwinge erblickte 1955 in der "DDR" das Licht der Welt, für ihn im Laufe seiner Kindheit, Jugend und beginnenden Künstler-Karrier mehr als Schutzburg, als Überwachungs- Staat. Der Künstler ist kein Protestler, seine „Musik mit viel Gefühl“ ist nie „dagegen“, sondern vielmehr „dafür“: für mehr Licht im Alltag seiner Mitmenschen; für mehr Liebe und Empathie; für mehr Mut, zu seinen Gefühlen zu stehen. Ulli spielte (er „muggt“), wann und wo immer er konnte. Und dann kam die Wende.
Plötzlich ist nichts mehr, wie es einmal war. Ein Rausch, eine Euphorie, eine Explosion der Emotionen. Aber für etliche DDR-Künst- ler bedeutet die deutsche Wiedervereinigung das Aus. Musiker, für die zuvor der Staat gesorgt hat, sehen sich einem extremen Kampf um Aufmerksamkeit und Marktanteile ausgesetzt. Auch Ulli Schwinge wankt. Aber er fällt nicht. Er kämpft. Um neue Auftritte, neue Verträge, neue Schallplattenaufnahmen. Sein langer Atem wird belohnt: 1992 veröffentlicht er sein erstes Album im wiedervereinig- ten Deutschland („Keine Zeit zum Träumen“) und wird im ganzen Land zu einem der meistgespielten Künstler im Hörfunk. Er tritt mit Albert Hammond, Chris Norman und dem WDR-Sinfonieorchester auf.
Dass die Plattenbosse den Hallenser in die Schlager-Ecke drängen, in die er nicht hineingehört, nimmt er erst einmal hin. „Auftreten, Land gewinnen, aktiv bleiben“, heißt Ullis Devise. 1997 vertritt er Sachsen-Anhalt mit dem Lied „Das Lachen der Sieger“ bei der musikalischen Gala zur Deutschen Einheit, die in der ARD von Dieter Thomas Heck moderiert wird.
2018, sieben Jahre nach seiner letzten Studio-CD „Liederbriefe“: Aus Ulli Schwinge ist ein reifer Mann, ein reifer Songwriter am Kla- vier geworden. Und genau das will er mit seinen neuen Liedern auch ausdrücken: Reife. Er möchte der Unterhaltungsmusik wieder mehr Relevanz verleihen. Denn vieles darin ist ihm zu flach, zu schnell, zu laut. Wenn durchgestylte Larifari-Popsongs zum Ne- benbei-Mitpfeifen, hirnlose Popschlager mit geringster Halbwertzeit oder Disco-Fox-Rhythmen zum Dauer-Mitgrölen „modern“ sein sollen, dann ist er ein überzeugter Anachronist. Ulli singt Lieder aus einem langen Leben, Lieder zum Zuhören, der Künstler nennt sie bewusst „Chansons“. Über die Dinge des Lebens, um die wir uns drehen: die Liebe, die Kunst, das Reisen, die Trauer, die Freuden. Entwaffnend emotional, ohne in die Herz-Schmerz-Falle zu tappen. Sie entstanden gemeinsam mit dem Dichter Rainer Thielmann. Dass der einst zum Autoren-Team von Udo Jürgens zählte, spricht für die inhaltliche Qualität dieser Lieder.
So ist Ulli Schwinges neues Album „Ein paar Akkorde“ ̶ das siebte seiner langen Karriere und erstklassig produziert von Andy Horn ̶kein gewöhnliches Album. Es ist ein Aufbruch zu neuen Ufern, zu neuer Ernsthaftigkeit. Ohne den Humor einschlafen zu lassen. Denn, so weiß der Musiker Ulli Schwinge ganz gewiss: „Auch das Lachen ist Musik.“
Uli Schwinge - offizielle Homepage
Sendetermine
Sonntag, 1. Dezember: 13:00 – 14:00 Uhr
Samstag, 7. Dezember: 10:00 – 11:00 Uhr
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Biggi Müller (Textvorlage)