Ursula Evers zum Thema: Einer trage des anderen Last (Gal 6,2)
Dieses Zitat aus dem Galaterbrief, den der Apostel Paulus zwischen 53 und 55 n. Christus aufgeschrieben hat, gibt uns auch heute noch, im Jahr 2014 n. Christus, zu denken, denn jeder hat seine eigene Bürde zu tragen. Manchmal bin ich stark und traue mir sehr viel zu. Ich habe Lust am Leben und viele neue Ideen und es scheint für einen Augenblick so zu sein, als wenn meine Schultern frei von aller Last seien. Aber meine Kräfte lassen nach, ich werde sehr müde, möchte von den schönen Erlebnissen erzählen, finde aber nicht die richtigen Worte. Statt dessen reagiere ich gereizt und ungeduldig, entdecke die kleinen schwarzen Punkte in meiner Familie, die auf einmal wieder ganz groß werden. Schon wieder stehe ich vor einem Scherbenhaufen, den ich alleine nicht wegräumen kann. Wie gut, dass einer in meiner Nähe ist, der die Last, die auf meinen Schultern liegt sieht und tragen hilft. Ich werde zu einem Ausflug mit dem Auto eingeladen in eine Gegend , die mir besonders lieb ist. In einem gemütlichen Cafe fühle ich, wie meine Kräfte zurückkommen, ich habe Lust, von schönen Erlebnissen zu erzählen und freue mich, einen Menschen in meiner Nähe zu haben, der mir interessiert zuhört.
Wenige Tage später erspüre ich die Belastung meines Partners, der mit einem Artikel, den er schreiben will, nicht zurechtkommt; der Abgabetermin rückt immer näher und die Unruhe wächst. Jetzt bin ich die Stärkere und unterstütze so gut ich kann, mit meinen Möglichkeiten.
Einer trage des anderen Last, ohne vorzurechnen, wer am meisten getan hat. Manchmal scheint der Lastenberg für den, der ihn zu tragen hat, unüberwindbar zu sein. Da verliert eine Frau bei der Rückfahrt aus dem Urlaub durch einen Unfall ihren Mann und ihre beiden Kinder. Sie bleibt schwer verletzt zurück und wird die quälende Frage nicht los: „Warum haben sie mich nicht mitgenommen?“ Eines Tages lernt Michaela in einer Selbsthilfegruppe für trauernde Väter und Mütter einen Mann kennen, der seine Frau und seine Tochter durch einen Unfall verloren hat. Die beiden bekommen Interesse aneinander, lernen sich immer besser kennen und stützen einander, wenn die Last sehr schwer wird. Niemand vergisst den, den er durch den Tod verloren hat, jeder hört dem anderen aufmerksam zu , wenn er von seinen verstorbenen Angehörigen spricht, ohne sofort von seinen Erfahrungen zu sprechen.
Aber die neue Beziehung ist eine Bereicherung für beide, jeder schenkt dem anderen seine Ideen, die auf einmal wieder lebendig werden. Beide gewinnen neue Lebensfreude.
Rücksicht aufeinander nehmen und darauf achten, dass der andere möglichst leicht und unbeschwert durchs Leben gehen kann, das heißt, einander die Last zu tragen. Ich wünsche Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, dass sie immer einen Mensachen finden, der ihnen zu einem aufrechten Gang verhilft.
"Wort in den Tag" wird von einer Gruppe ehrenamtlicher Autoren erstellt.
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