Herr C erinnert sich gern an die Weihnachtshäuser. Nicht zu allen Weihnachten seiner Kindheit wollte es gelingen, eines anzufertigen. Wenn es aber gelang, aus den sorgsam selbstgebackenen Lebkuchenscheiben mit Hilfe geduldiger Erwachsener ein Weihnachtshaus zu errichten, dann war es ein besonderes Weihnachten. Der Schnee auf dem Dach aus Lebkuchen war aus feinstem Zuckerguss, der an den Seiten zu langen Eiszapfen geronnen herabhing. Aus dem Schornstein dampfte die Zuckerwatte und eine kleine Lampe erleuchtete das Haus von innen heraus, sodass es gerade in der Dämmerung besonders heimelig anzuschauen war. Das Weihnachtshaus war eine Winterfreude. Nie hätte Herr C angenommen, dass er einmal im Sommer einem Weihnachtshaus begegnen würde. Und doch stand gerade ein solches Haus, ins Riesenhafte gesteigert, in dem Ort, den er in seinen Sommerferien besuchte. Verwundert betrat es Herr C und fand sich in einer Art Weihnachtssupermarkt. Allerlei Firlefanz zu Weihnachten wurde zum Verkauf angeboten; ganzjährig! Weihnachten im Sommer! Weihnachten im Herbst, Weihnachten im Winter, Weihachten im Frühling, Weihnachten zu jeder Jahreszeit, nur nicht zur Weihnachtszeit: „An Weihnachten geschlossen, wir bitten unsere Kundschaft um Verständnis!“
„Einverstanden!“, dachte Herr C und freute sich, dass auch kleine Weihnachtshäuser zu Weihnachten eine Chance haben.
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