Guten Morgen, meine lieben Zuhörerinnen und Zuhörer
Am Ufer eines Teiches stand eine mächtige Eiche. Sie trotzte der Sonnenhitze und beugte sich keinem Sturm, denn ihre Wurzeln reichten tief in die Erde. In der Nähe wuchs ein Schilfrohr auf feuchtem Grunde. Es sah schwach und gebrechlich aus.
Es verneigte sich vor jedem Wind. „Du tust mir leid“, sagte die Eiche eines Tages. „Wärst du doch näher an meinen Stamm gewachsen, ich würde dich gerne vor den Stürmen beschützen.“ „Du bist sehr freundlich“, sagte das Schilfrohr bescheiden. „Sorge dich nicht um mich. Kommt ein Sturm mit Gewalt, so beuge ich mich bis zur Erde und lasse ihn über mich hinweg brausen. Ich beuge mich, aber ich breche nicht!“ Die Eiche schüttelte trotzig ihr Haupt. „Ich leiste jedem Sturm Widerstand: niemals würde ich mich beugen!“
Über Nacht kam ein schrecklicher Sturm. Er riss Blätter und Äste aus der aufrechten Eiche. Das Schilfrohr aber beugte sich bis zur Erde nieder. Der Sturm wurde zum Orkan. Mit seiner ganzen Wut zerrte er am trotzigen Eichenbaum, bis er samt Wurzeln aus der Erde riss.
Als das Unwetter vorüber war, stand das kleine Schilfrohr immer noch aufrecht neben dem umgestürzten Riesen.
"Wort in den Tag" wird von einer Gruppe ehrenamtlicher Autoren erstellt.
Die dargestellten Inhalte spiegeln nicht die Meinung des BRF wider.