Meine lieben Hörerinnen und Hörer!
Während meiner aktiven Schulzeit erzählten Kinder mir häufig etwas über andere Kinder, sei es um sich selbst herauszustellen, sei es um den anderen zu verpetzen, weil er angesehener ist, weil seine Leistungen besser sind, weil er mehr Glück hat als ich. Mit der Wahrheit hatte das alles wenig zu tun. Ich ermahnte die Kinder, vorsichtig mit den Wörtern umzugehen, sie können falsch sein, aber dann sind sie verstreut wie Federn eines Kissens, das einen Riss hat. Es gelingt mir nicht, sie wieder einzusammeln . Ich kann mich entschuldigen, aber manche Kinder tuscheln: „ Es wird schon was dran sein.“ Das betroffene Kind muss sich sehr anstrengen, seine Ehre wiederherzustellen, völlig gelingt es nicht, der gute Ruf wurde beschädigt. Nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen gehen häufig leichtsinnig mit den Wörtern um, wie die Geschichte mit dem Titel „Federlesen“ aus „Sonne für die Seele, S. 159 von Norbert Lechleitner verdeutlicht.
„ Vor langer Zeit lebte eine Frau im Dorf, die einfach ihren Mund nicht halten konnte. Sie klatschte und tratschte über alles und jeden. Eines Tages hatte sie mit ihrem Geschwätz eine andere Frau in große Schwierigkeiten gebracht. Das tat ihr nun leid, sie bereute, dass sie ihren Mund mal wieder nicht hatte halten können. Sie beichtete ihre Sünde und fragte, welche Buße ihr auferlegt werde. „ Gehe Morgen auf den Markt und kaufe zwei Hühner“, sagte der Pfarrer. „Und damit du auf dem Weg vom Markt nach Hause etwas zu tun hast, rupfst du unterwegs die zwei Hühner. Dann kommst du wieder zu mir und informierst mich.“
Die Frau befolgte die Anweisungen, ging durch das Dorf zum Markt, kaufte dort zwei Hühner und rupfte ihnen die Federn aus, während sie nach Hause ging. Anschließend ging sie zum Pfarrer und berichtete, sie habe alles so getan, wie er es ihr auferlegt habe. „Gut so“, sagte der Pfarrer. „ Nun bleibt zu deiner vollständigen Buße nur noch eines zu tun: gehe durchs Dorf und sammle alle von dir verstreuten Federn wieder auf.“
Wir stellen uns gerne ins rechte Licht und das ist verständlich. Aber wir sollten es auch heute nicht auf Kosten anderer tun.
"Wort in den Tag" wird von einer Gruppe ehrenamtlicher Autoren erstellt.
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