Wir sind noch in der Osterwoche. Eine Woche lang feiert die Kirche, feiern wir Christen das Geschenk der Auferstehung Jesu. Es ist ein Geschenk, wir haben es uns nicht verdient. So ist Gott. Er ist der Gott der unverdienten Liebe. Der Apostel Paulus sagt: Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren. (Röm 5,8) In der Osternacht ist in einer Pfarre unseres Bistums eine muslimische Frau getauft worden. Sie wollte Christin werden, weil sie so angetan ist von dem Gott, wie ihn die Bibel und der christliche Glaube verkünden. Ich glaube an den Gott der Liebe, schrieb sie mir.
Das ist in der Tat die Botschaft Jesu. In Wort und Tat, mit seinem ganzen Leben hat er gezeigt, wer Gott ist. Niemand wird von Gottes Liebe ausgeschlossen; er liebt die Gerechten und die Sünder. Denken wir nur an die Geschichte vom verlorenen Sohn und seinem barmherzigen, vergebungsbereiten Vater.
Ein solcher Gott berührt und verwandelt unser Herz. Aber unser Tun und Lassen berührt auch Gottes Herz. Gott ist nicht gleichgültig. Sein Herz ist betroffen über das, was wir Menschen tun und einander antun; sein Herz ist auch betroffen über das, was wir einander vorenthalten. Er wünscht, dass unser Herz im Einklang ist mit seinem Herzen, weil es ja um das Wohl der Menschen geht. Gott wünscht und erwartet, dass wir wie er einander gut sind, einander vergeben, auch wenn andere es nicht verdient haben oder uns sogar verletzt haben. Dass ihr gut seid zu denen, die euch Gutes tun, ist normal, sagt Jesus. Aber dass ihr auch gut seid zu denen, die nicht gut zu euch waren, zu euren Gegnern oder gar euren Feinden, daran wird erkennbar, dass ihr Kinder Gottes seid.
Vergebung schenken ist nicht selbstverständlich. Das weiß Jesus auch. Das Böse kann und soll man nicht verharmlosen. Vergebung kann Zeit erfordern. Sie ist ein Prozess, ein Weg, fast wie eine Prozession. Ich muss mich fragen, ob ich diesen Prozess ins Rollen bringen will. Mir sagte einmal eine Mutter, deren Sohn ermordet worden war: Ich kann dem Täter nicht verzeihen. Ich spürte, dass sie mir sagen wollte: Ich kann noch nicht verzeihen. Ich habe dieser Mutter meine Bewunderung ausgesprochen: Ich finde es großartig, dass Sie mit mir darüber reden, denn das zeigt, dass in Ihrem Herzen eine heilige Unruhe wohnt. Möge Gott Ihnen einmal die Kraft zur Verzeihung geben; aber vor allem geben Sie das Unterwegssein nicht auf.
Wir können füreinander beten: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir den anderen ihre Schuld vergeben.
Wort in den Tag
Aloys Jousten zum Thema: Gütig und bereit zu vergeben