Guten Morgen liebe Hörerinnen und Hörer!
Sie steht schon lange da und schaut dem Treiben der Menschen zu : Die alte Dame, die wir einfach mal Kirche nennen. Viele laufen an ihr vorbei, schauen flüchtig zu ihr 'rüber, hasten weiter. Andere halten kurz inne : « Ach ja, unsere alte Dame, schon 300 Jahre alt. Wie schön, dass sie immer noch da ist. Irgendwie gehört sie ja hierher, zu uns. » Dann gehen auch sie ihrer Wege. Kaum einer scheint sie richtig wahrzunehmen, spricht sie an, fragt nach ihrem Befinden. Dabei hätte sie so viel zu erzählen. Sie hat ja auch einiges erlebt. Sie ist zwar alt, aber durchaus noch lebendig. Doch das bemerken die wenigsten. « Hallo Leute, warum habt ihr es so eilig ? Ihr rennt, als wenn jemand hinter auch her ist. Wie wär's mit einem Gespräch, mit etwas Nachdenken oder nur ein Moment der Stille ? » Doch die Menschen hasten weiter. Ja, so geht das immer wieder. Bei großen Feierlichkeiten, da haben sie die alte Dame gern dabei. Doch im Alltag wollen sie sich nicht gerne von ihr stören lassen. Ab und zu kommen noch ein paar Kinder. Die Geschichten, die die alte Dame erzählen kann, sind richtig spannend. Aber mit der Zeit werden auch die langweilig...
Dabei hat sie für alle etwas im Angebot : für die Senioren, die jungen Familien, die Kinder und Jugendlichen, die Menschen, die sich für eine gute Sache engagieren wollen. Doch meist fehlt es an der nötigen Zeit...
So geht es der alten Dame, die wir Kirche nennen. Doch sie gibt niemals auf. Sie fragt weiter und immer weiter. Und schließlich findet sich doch der eine oder die andere, der oder die Zeit für sie aufbringt. Und sie merken bald : Sich für andere einzusetzen, macht Freude. Und die Zeit, die sie verschenken, ist nicht verlorene, sondern gewonnene Zeit. Und für diese Erkenntnis sind sie der alten Dame richtig dankbar...