Jedes Jahr, liebe Hörerinnen und Hörer, überlege ich mir, wie ich Ihnen und auch mir selbst den Geschmack an der Heiligkeit und am richtigen ‚Heilig werden‘ vermitteln könnte.
„Selig“ - ja, da fallen uns gleich Bilder ein. Zu Hause im Dorf habe ich ab und zu den Ausdruck gehört: Er ist selig. Gemeint war der Gemütszustand eines leicht Angetrunkenen. Stellen Sie sich eine Reisegruppe vor, die von einer Moselfahrt vom Wein angeheitert nach Hause fährt. Weinseligkeit in Maßen kann das gute und fröhliche Miteinander sogar fördern.
Wenn Jesus sagt: Selig die Barmherzigen, die Friedensstifter, die Gewaltlosen usw., dann fügt er hinzu: solchen Menschen gehört das Himmelreich. Jesus hat gerade die Kleinen und Schwachen, die Armen, all jene, die sich ein Kinderherz bewahrt haben, glücklich und selig gepriesen. Dabei handelt es sich bei dieser Glückseligkeit nicht um eine Weinseligkeit. Nein, Jesus meint das, was wir mit Heiligkeit bezeichnen.
„Heilig“ zu sein oder zu werden, mag auf den ersten Blick vielleicht etwas verstaubt wirken - aber versuchen wir es einmal als GANZ SEIN zu verstehen. Ganz Mensch sein, mit Leib und Seele, wissen, dass wir Gott im Rücken haben, dass wir umfangen sind vom Heiligen.
Heilig sind, werden wir, wenn wir „Ja“ zum Leben sagen, das Leben in und aus der Beziehung mit Gott heraus gestalten. Wenn wir Lust am Leben haben und all unsere Gaben und Fähigkeiten in das Abenteuer Leben hineingeben. Dann fühlen wir in Schmerz und Freude mit unseren Mitmenschen, lassen uns ein auf das, was im Augenblick ansteht und unserer liebenden Sorge bedarf. Das Heilige ist dann nicht mehr fremd und weit entfernt, es kommt durch uns in die Welt, ist bei uns, ist in uns. Und auch die tiefe Freude, die ein Leben im Geiste des Evangeliums verspricht.
Am Fest Allerheiligen blicken wir dankbar auf all die bekannten und unbekannten Menschen, die diesen Weg der Heiligkeit vor uns gegangen sind.
Zum Schluss ein Gebet von Madeleine Delbrel:
Herr, wenn es auch viele heiligmäßige Menschen gibt, die nicht gern getanzt haben, so gibt es doch viele Heilige, denen der Tanz ein Bedürfnis war, so froh waren sie zu leben: die heilige Teresa mit ihren Kastagnetten, Johannes vom Kreuz mit dem Jesuskind auf dem Arm und Franziskus vor dem Papst. Wenn wir wirklich Freude an dir hätten, o Herr, wir könnten dieser Tanzlust nicht widerstehen, die sich durch die Welt hin ergießt. Und wir könnten sogar erraten, welchen Tanz du getanzt haben willst, indem wir uns den Schritten deiner Vorsehung überließen.
Wort in den Tag
Aloys Jousten zum Thema: Selig, ja, aber heilig...