Viele ältere Zuhörer erinnern sich gewiss an das Gebet „Schutzengel mein, lass mich dir befohlen sein“. Heute ist Schutzengelfest. Da tauchen auch bei mir Erinnerungen aus der Kindheit auf, Bilder von Schutzengeln, die Kinder vor Gefahren behüten, Gebete zu den Engeln und Schutzengeln. Der Glaube an die Existenz der Schutzengel gehört nicht zu den zentralen Glaubensaussagen. Das weiß wohl jeder. Dennoch ist es auffallend, dass in den letzten Jahren die Engel wiederkehren. Jahrhunderte lang gehörten sie zur volkskirchlichen Frömmigkeit. Schutzengel waren Gewähr dafür, dass wir von Gott behütet werden. Es fällt mir doch auf, dass wir Christen Menschen sind und bleiben, wir brauchen Zeichen dafür, dass Gott mit uns ist, dass er für uns da ist, dass er bei uns ist. „Ich bin bei euch alle Tage.“ Das waren die letzten Worte Jesu im Matthäusevangelium.
Wer zum Schutzengel betet, weiß auch, dass er damit nicht gegen alle Gefahren geschützt ist; er muss selbst seine Freiheit so gebrauchen, dass er nach Möglichkeit Gefahren aus dem Weg geht oder sich nicht selbst ohne Not in Gefahr bringt. Wer zum Schutzengel betet, drückt darin sein Vertrauen aus, dass er immer, was auch kommen mag, in Gottes Hand geborgen ist.
Von Engeln als Schutzengel ist im Alten Testament die Rede. So sagt Gott zu Mose: Ich werde einen Engel schicken, der dir vorausgeht. Er soll dich auf dem Weg schützen und an den Ort bringen, den ich bestimmt habe. Achte auf ihn, und höre auf seine Stimme; denn in ihm ist mein Name gegenwärtig (Ex 23,20 f).
Liebe Hörerinnen und Hörer! Wenn wir Kinder zum Schutzengel gebetet haben, war das wie Gottes Nähe spüren. So greifbar nahe ist Gott uns Menschen. Das hat uns ein Gefühl der Ruhe, der Geborgenheit vermittelt. In jedem Menschen, nicht nur im Kind, lebt eine tiefe Sehnsucht nach Hoffnung und Sinn für unser Leben. Was für das Kind der Schutz vor Gefahren bedeutet, das heißt im Leben der Erwachsenen die Suche nach Sinn: wir möchten ankommen, nicht ins Leere laufen, ziellos. Engel sind Hoffnungsboten; sie verdeutlichen auf menschliche Art, dass Gott mit uns geht und wir bei ihm einst ankommen werden. Auf unserem letzten Weg wird man singen: Zum Paradiese mögen Engel dich geleiten; die Chöre der Engel mögen dich empfangen.
Und noch ein Gedanke: Es ist gut möglich, dass Menschen für andere Menschen zum Engel werden; denn Liebe und Gutsein sind immer Zeichen von Gottes Liebe zu uns. So erfahren wir seine heilende und liebende Nähe.