Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer. Wie oft ärgern wir uns, wenn irgendetwas passiert, das uns von dem abhält, was wir gerade planen, wenn ich zum Beispiel beim Verlassen des Hauses noch einmal umkehren muss, weil das Telefon klingelt, den Bus verpasse oder mit dem Auto im Stau stecke. Doch manchmal sind es gerade diese unliebsamen Begebenheiten, die uns davor bewahren, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.
Neulich las ich einen Bericht über das Schicksal von Menschen, die jene Katastrophe am 11. September 2001 überlebt haben, obwohl ihr Arbeitsplatz sich in den Zwillingstürmen befand. Ein Mann kam zu spät zur Arbeit, weil er seinen Sohn bei seinem ersten Kindergartentag begleitet hatte. Eine junge Frau trug ein paar neue Schuhe, aber unterwegs ging sie noch in eine Drogerie, um Pflaster zu kaufen, weil sie sich eine schmerzhafte Blase gelaufen hatte.
Auch ich bin auf seltsame Weise vielleicht schon einmal dem sicheren Tod entkommen. Im Krieg waren wir bei Görlitz evakuiert. Als die Front bis auf 30 km heranrückte, beschloss meine Mutter, mit uns kleinen Kindern in Richtung Westen zu flüchten. Am Bahnhof angekommen, waren alle Züge überfüllt und unverrichteter Dinge mussten wir in unsere Unterkunft zurückkehren. In jener Nacht, als wir in Dresden übernachten wollten, wurde die Stadt bombardiert und viele Menschen fanden den Tod. Wahrscheinlich wären auch wir unter den Opfern gewesen.
Ich nehme mir vor, mich nicht mehr aufzuregen, wenn etwas schief läuft und statt dessen zu denken: Das ist genau der Ort, wo Gott mich gerade in diesem Moment haben will. All diese nervigen Dinge hat er sich zu meinem Segen ausgedacht.