Zum Thema: Mutterhände
Ein Märchen erzählt von Hans, dem ältesten Sohn eines armen Schneiders. Weil zu viele Geschwister im Haus waren, musste er so bald wie möglich in die Welt hinaus ziehen, um Arbeit zu finden und sich selbst Brot zu verdienen. Beim Abschied streichelte die Mutter ihn mit ihren abgearbeiteten Händen, die das Leben hart und rau gemacht hatte. Hans spürte, wie sehr sie zitterten.
Auf seiner Wanderschaft schloss er sich zwei vornehmen Burschen an, die - wie sich heraus stellte - Prinzen waren. Als ihr Diener erreichte er mit ihnen eine Stadt, in der die Leute erzählten: der König des Landes will dem seine hübsche Tochter zur Frau geben, der eine Probe besteht. Schon viele waren an ihr gescheitert und traurig weiter gezogen.
Sofort meldeten sich die beiden Prinzen beim König, Hans begleitete sie. Sie wurden in einen Saal geführt, der mit herrlich blauem Samt ausgeschlagen war. An einer Wand streckten sich ihnen drei Händepaare entgegen: zwei Hände waren weiß und zart, zwei mit kostbaren Ringen geschmückt, zwei aber rissig, hart und abgearbeitet. - Der König stellte sich neben sie und sprach: ?Die Probe lautet: welche dieser Hände erscheinen euch am verehrungswürdigsten?? Die Prinzen dachten nur an die hübsche Prinzessin, der eine wählte die zarten, der andere, die reich geschmückten Hände. Der König forderte auch Hans auf, der aber musste bei den abgearbeiteten Händen an seine Mutter denken und sagte: ?Herr König?, diese Hände erinnern mich an meine gute Mutter; sie erscheinen mir am wertvollsten!?
Da fiel der Samtvorhang. Zwei Hofdamen, denen die weißen und reich geschmückten Hände gehörten, gingen spöttisch lachend davon, die Frau mit den rissigen Händen aber war die alte Mutter des Königs. Sie strich Hans zärtlich über die Wangen und sprach: ?du hast dich nicht von Schönheit und Reichtum verlocken lassen. Dein Herz ist gut und voll Liebe, darum verdienst du meine Enkelin- und Schönheit und Reichtum dazu!?
Da wurde ihm eine prächtige Krone aufgesetzt, auch die Eltern und Geschwister wurden herbei geholt, und alle staunten über das glückliche Paar.
Ich wünsche ihnen einen schönen Tag.