zum Thema : Zeit zum Trauern
Das Wort in den Tag schenkt ihnen heute Claude Theiss.
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
Vor einigen Tagen haben wir die Gräber unserer Vorfahren aufgesucht; wir haben sie schön geschmückt und haben unsere Verstorbenen gesegnet. Wir sind dankbar für die Spuren, die sie in uns hinterlassen haben: Spuren der Liebe, Spuren des Menschseins, Spuren des Glaubenszeugnisses.
Der November, der so genannte Totenmonat, schenkt uns Raum, um über das Sterben, den Tod, das Trauern und das Leben nach dem Tod nachzudenken. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen und uns einige Erfahrungen zum Trauerbesuch mit auf den Weg geben.
Trauernde fühlen sich oft nicht wahr und ernst genommen. Sie bekommen viele gut gemeinte Ratschläge, die aber eher schaden als gut tun, weil die dem Trauernden keinen Platz geben in seinen Gefühlen und Gedanken.
Wir meinen, wir müssten etwas sagen, dabei wäre das Zuhören und stille Verweilen beim Trauernden viel heilsamer als Worte. Den Trauernden auch weinen lassen, ohne direkt wieder einen Spruch zu klopfen oder zu vertrösten.
Und nach dem Sechswochenamt, nach einigen Monaten kommt erst die schwierige Phase. Unsere schnelllebige Zeit hat dann schon wieder andere Kapitel aufgeschlagen. Und niemand spricht mehr über den Verstorbenen oder fragt den Trauernden, wie es ihm geht. Und schließlich meinen dann noch einige: jetzt musst du aber mal die Platte wechseln. Du kannst dich nicht dran halten. Das leben geht weiter. Gib dir einen Ruck... Solche und ähnliche Ausdrücke helfen den Betroffen nicht.
Jeder braucht seine Zeit zum Trauern. Aber jeder braucht einen oder mehrere Menschen, mit denen er seine Trauerphase durchschreiten kann. Trauernde trösten, dafür bedarf es keinen großen Studiums: es bedarf lediglich eines hörenden Herzens. Darum dürfen wir alle füreinander beten.
Ich denke, dass es nicht verkehrt ist, sich vor dem Trauerbesuch 5 Minuten hinzusetzen, eine Kerze anzuzünden und zu beten. Beten wir um die Gabe des Zuhörens, beten wir um die Gabe der Begegnung des Herzens, beten wir um Feingefühl für die Trauernden und um die nötige Geduld und Liebe.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gute Begegnungen mit Trauernden.
Auf Wiederhören!