Liebe Hörerinnen und Hörer,
in diesen Tagen gibt es Zeugnisse für unsere Schüler, Studenten und Lehrlinge. So ein Zeugnis will etwas „bezeugen“. Zeugnisse sind Belege, Bestätigungen, Beweise. Sie tun etwas kund über Arbeitsleistungen bzw. über schulische Fähigkeiten der geprüften Menschen. Und oh weh, wenn das Zeugnis nicht gut ist! Dann heißt es: Nachprüfungen ablegen oder sogar das Schuljahr wiederholen. Doch wie viel vom Menschen erfasst so ein Zeugnis wirklich? Da gibt es Menschen, deren schulische Fähigkeiten eher schwach sind, obwohl sie für ihre Arbeitsleistungen ein hohes Zeugnis ausgestellt bekommen müssten. Und umgekehrt: Menschen, die mit relativ geringem Arbeitsaufwand, ganz tolle Leistungen erzielen. Nein, das Leben ist nicht immer sehr gerecht und Zeugnisse können manchmal unerbittlich, gar unmenschlich sein.
Bestimmt gibt’s auch viele Schüler, die stolz sein können auf ihr Zeugnis, weil sie letztlich für ihre Bemühungen und Mühen belohnt worden sind. Sie haben es sich verdient, in die nächste Stufe versetzt zu werden.
In der Religion, im Glauben, da wird mit anderen Maßstäben gemessen, da geht es nicht um erbrachte Arbeit und erzielte Leistungen - im Gegenteil. Ich möchte heute vom Zeugnis so vieler Menschen erzählen, denen ich z.B. alljährlich während der Bistumspilgerfahrt nach Lourdes begegnen darf. Unzähligen Menschen, die schwere Schicksalsschläge zu meistern haben, die krank, alt, behindert sind, fahren nach Lourdes - es kann natürlich auch Banneux oder anderswohin sein -, weil ihr Glaube sie dorthin führt, weil sie dort Halt und Hilfe erfahren, weil sie sich von Gott getragen und geliebt fühlen trotz und gerade in ihrer Krankheit, in ihrer Behinderung, in ihrer Schwachheit. Ja, man kann etwas von dieser Hoffnung und dieser Zuversicht in den Gesichtern der vielen Kranken sehen und man spürt, was Glaube bewirken kann.
Der Glaube setzt andere Maßstäbe: Die Menschen sind wertvoll nicht für das was sie tun - denn viele alte und kranke Menschen sind nicht mehr in der Lage, viel zu tun, viel zu leisten. Die Menschen sind wertvoll für das, was sie sind: Geschöpf Gottes - Abbild Gottes - liebens-wert - liebens-würdig...
In diesem Sinne allen einen schönen Tag!