Heute mit Aloys Jousten
Ich mag Kerzen. Jeden Tag zünde ich eine Kerze beim Morgengebet an. Kerzen verbrennen. Wenn ich eine schön verzierte Kerze geschenkt bekomme, zögere ich, sie anzuzünden. Zu schade, denke ich, denn wie viel Kunst und Fingerfertigkeit steckt in einer solchen Kerze? Wie viel Liebe verbirgt sich in der geschenkten Kerze?
Vielleicht haben auch Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, die Geschichte von der Kerze bereits gehört oder gelesen. Ich erzähle sie jetzt, wie sie auf einem Kalenderblatt in der Adventszeit zu lesen war.
Das Zündholz sagte zur Kerze: „Ich soll dich anzünden.“ - „O nein“, erschrak die Kerze, „nur das nicht“ Wenn ich brenne, sind meine Tage gezählt. Niemand mehr wird meine Schönheit bewundern.“ Das Zündholz fragte: „Aber willst du denn dein Leben lang kalt und hart bleiben, ohne zuvor gelebt zu haben?“ „Aber brennen tut doch weh und zehrt an meinen Kräften“, flüsterte die Kerze ganz unsicher und voller Angst. „Es ist wahr“, entgegnete das Zündholz. „Aber das ist das Geheimnis unserer Berufung: Wir sind berufen, Licht der Welt zu sein. Was ich tun kann, ist wenig. Zünde ich dich aber nicht an, so verpasse ich den Sinn des Lebens. Ich bin dafür da, Feuer zu entfachen. Du bist eine Kerze. Du sollst hell für andere leuchten und ihnen Wärme schenken. Alles, was du an Schmerz und Leid und Kraft hingibst, wird verwandelt in Licht. Du gehst nicht verloren, wenn du dich verzehrst. Andere werden dein Licht weiter tragen.“ Da spitzte die Kerze ihren Docht und sprach voller Erwartung: „Ich bitte dich, zünde mich an!“ (Schwesternkalender, 17.12.2010)
Ja, liebe Hörerinnen und Hörer, die Berufung des Zündholzes und vor allem der Kerze ist unsere Berufung. In dieser Geschichte geht es um jeden von uns. An diesem Tag unseres Lebens wünsche ich Ihnen und mir, dass wir es wagen, unsere Fähigkeiten und Talente gut zu nutzen und so die Welt etwas besser und heller zu machen.