Liebe Hörerinnen und Hörer,
gestern hörten wir das Evangelium vom „ungläubigen Thomas“ - so ist dieser Mann in die Geschichte eingegangen. Und ein jeder wird wohl denken, dass das nicht gerade ein rühmlicher Name ist. Dennoch sind es gerade die Worte von Thomas, die im Johannesevangelium den Höhepunkt im Christusbekenntnis ausmachen. Mit den Worten „Mein Herr und mein Gott!“ bezeugt Thomas trotz aller Fragen und Zweifel, in wen er letzten Endes seine ganze Hoffnung und sein ganzes Vertrauen legt.
Ist es nicht in der Natur des Menschen, dass er alles hinterfragt und erforscht und erklärt haben möchte? Ist es nicht in der Natur des Menschen, auf das zu vertrauen, was er sieht? Ist es nicht in seiner Natur, allem Unsichtbaren und Unergründlichen skeptisch gegenüber zu stehen? Und ist es uns nicht allen schon einmal passiert, dass wir tiefe Zweifel dem unsichtbaren Gott gegenüber hegten, dass wir mit der großen Frage nach dem Warum von Leid, Krankheit und Tod uns vergessen und verlassen fühlten?
Wir sollten uns die Freiheit eingestehen, zweifeln, klagen und fragen zu dürfen... Dabei stehen bleiben sollten wir allerdings nicht! Thomas, genannt Zwilling, macht es uns vor. Nachdem Jesus ihn eingeladen hat - „Sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ - sind seine Zweifel wie weggeblasen und er vertraut. Es bedarf nicht mehr der genaueren Überprüfung. In der Bibel steht nicht, dass Thomas seine Finger in Jesu Wunden, seine Hand in Jesu Seite gelegt hat. Es braucht keine Beweise mehr, wo Glauben und Vertrauen herrschen.
So wie Thomas, der uns Menschen Zwillingsbruder ist, der uns Spiegelbild ist in unserem Verhalten - so wie er sind wir eingeladen, zu einem tiefen Gottvertrauen zu gelangen und mit ihm zu bekennen: „Mein Herr und mein Gott!“