Der Hutzelige
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, folgende Szene spielt auf einem Markt, wie er damals abgehalten wurden: zwanzig Tagelöhner stehen zusammen und warten darauf gedungen zu werden. Da erscheint der reichste Gutsbesitzer der Stadt und wählt sechs kräftige Männer aus, die seine Ernte einbringen sollen. Lachend treten diese vor, wie Helden, denn im Dienste dieses Herrn zu stehen, gilt als Ehre. Als sich die Gruppe in Bewegung setzt um zum Gutshof zu gehen, zeigt der Vornehme auf einen kleinen hutzeligen Kerl, der hinter den Andern versteckt gestanden hatte.“ Komm du auch mit!“ gebietet er. Der Angesprochene ist ein schmächtiger Sechzigjähriger in zerlumpten Kleidern. Etwas unsicher schließt er sich der Gruppe an. Man lacht über ihn. Der Hausherr jedoch, nickt ihm aufmunternd zu. Im Gutshof bekommen die sechs Feldarbeiter ihre Gerätschaften und sie ziehen hinaus. Zu dem Kleinen sagt der Chef: “ Geh in die Küche, wasch dich und iss und dann komm zu mir in den Garten! Als Schnitter taugst du nichts, aber in einem großen Betrieb gibt es viele Aufgaben. Du bleibst bei mir!“ Gestärkt und gereinigt kehrt der Mann zu seinem Herrn zurück. „ Wir werden an den Rosen arbeiten“ sagt dieser. „Ich möchte dich bei mir haben, weil du ein gutes, sensibles Gesicht hast. Darf ich sagen von vielen Leiden geprägt?“ Der Hutzelige nickt zustimmend.“ Ich kümmere mich selbst um die Pflanzen “ fährt der Hausherr fort. „Du, zieh bitte das Unkraut und danach wirst du düngen!“ Bald plaudernd, bald schweigend, genießen beide die Gegenwart des Anderen. Der Vornehme erzeigt dem Gehilfen so viel Freundlichkeit und Güte, dass dieser nach und nach seine anfängliche Scheu verliert. Zutraulich offenbart er sich und wird ermuntert Offenheit und Vertrauen zu wagen. Im Gegenzug gewährt ihm der hohe Herr manchmal einen Blick in sein Innerstes Wesen. Dann lässt das Kerlchen vor freudigem Erstaunen und lebhaftem Interesse, die Rosen außer Acht. „Du wunderst dich?“ fragte der Herr. „ Du nimmst Anteil an dem was mich bewegt und genau das wünsche ich mir. Die Anderen die sich an meiner Tafel die Bäuche voll schlagen und sich meine Freunde nennen, verstehen mich nicht und lassen mich nur selten ausreden. Du kannst zuhören und mitfühlen. Das ist mir wertvoll! Schweig über das, was wir teilen und lass es in deinen Gedanken kreisen. Wenn die Kraftprotze dich verachten dann wisse, dass ich dich schätze und sei dankbar. Du bist einfühlsam und ehrlich und ein Schatz für den, der dich in Wahrheit kennt!“. Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, haben sie in dem Gutsherrn unseren Vater im Himmel erkannt? Und es war der kleine Hutzelige, von Leid geprägte, jedoch dem Herrn so vertraute Mitarbeiter den er seinen Freund nannte.