Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
„Schneide den Mantel so zu, dass er dem Menschen passt. Schneide nicht den Menschen zu, dass er in den Mantel passt!“ sagte einmal Anthony de Mello. Diese Lebensweisheit, die uns dieser indische Christ ans Herz legt, könnte als Leitwort über dem Leben des größten Asienmissionars der Kirchengeschichte stehen, dessen Gedenktag wir heute begehen: Franz Xaver.
„Schneide den Mantel so zu, dass er dem Menschen passt. Schneide nicht den Menschen zu, dass er in den Mantel passt!“ So versteht Franz Xaver seine Aufgabe als Missionar. Er will nicht die Menschen zurechtstutzen und sie in den Mantel des Evangeliums hineinzwängen, sondern seine Botschaft so sagen, dass die Menschen sie verstehen und annehmen können. Er passt sich dem Volk an, bei dem er gerade wirkt, zieht Einheimische zur Missionsarbeit heran und will eine jeweils einheimische Liturgie entwickeln.
Mission ist für Franz Xaver immer auch eine persönliche Bereicherung. »Ich werde Ihnen niemals beschreiben können, was ich den Japanern verdanke: denn unser Herr gab mir um ihretwillen eine tiefe Einsicht in die Abgründe meines Innern« - schreibt er in einem Brief an Ignatius von Loyola. In den fremden Kulturen sieht er nichts Bedrohliches, sondern eine Hilfe, den eigenen Glauben zu vertiefen und auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Sein Tod am 3. Dezember 1552 vor über 450 Jahren vor der südchinesischen Küste ist symbolisch für diese Einstellung. Franz Xaver stirbt allein: nur eine kleine Kerze, die ihm ein chinesischer Freund noch besorgen kann, brennt als Sterbelicht. Christus, das Licht, das die Völker erleuchtet - das ist seine Wahrheit, die er den Menschen hinhält wie einen Mantel, in den sie schlüpfen können, sagte einmal der Schweizer Schriftsteller Max Frisch.
Franz Xaver, der Missionar - auch ein Vorbild für die Glaubensweitergabe bei uns. „Schneide den Mantel so zu, dass er dem Menschen passt. Schneide nicht den Menschen zu, dass er in den Mantel passt!“
(Gedanken aus Wolfgang Raible, 100 Kurzansprachen, Herder, 2009)