Respekt lehren
Khalil Gibran läßt in seinem Buch „Der Prophet“, den Propheten antworten:
„Eure Kinder sind nicht Eure Kinder... denn Ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in Euren Träumen.“
Was kann ich meinem Kind mitgeben?
Was fehlt den Kindern heute am meisten?
Womit kämpfen die Lehrer heutzutage?
Als ich Kind war, war die antiautoritäre Erziehung gerade Mode.
Der Mief aus tausend Jahren steckte unter den Talaren.
Autorität stand unter Verdacht.
Autorität schien nur eine verhüllende Bezeichnung für geerbte Pfründe zu sein.
Gleichzeitig sehnte sich unsere Generation nach echten Vorbildern.
Ich war begeistert von natürlichen Autoritäten.
Pfarrer Heinrich Albertz, Mahatma Gandhi,
Dietrich Bonhoeffer, Albert Schweitzer.
Das waren Vorbilder.
Und ich selbst hielt es für erstrebenswert
zu einer natürlichen Autorität zu werden
angetrieben von einer großen Sehnsucht nach Anerkennung.
Was mir damals fehlte war
wichtig zu sein,
eine Rolle zu spielen,
Einfluß zu haben.
Damals schien mir das Streben nach eigener Perfektion der richtige Weg zu sein.
Heute - rückblickend - erscheint es mir wie ein weiter Umweg.
Was mir fehlte war Respekt.
Respekt den wir damals mit Kadavergehorsam verwechselten.
Respekt.
Wertschätzung des eigenen individuellen Willen jedes Menschen.
Rücksicht auf die Unverletzlichkeit des Privatbereiches.
Respekt für Menschen.
Und als erstes Respekt für mich selbst.
Dies bedeutet auch eine Art von Wehrhaftigkeit.
Anderen Menschen spürbar Grenzen setzen, wenn sie zu nahe rücken.
Was kann ich meinem Kind mitgeben?
Ich kann Respekt lehren.
Respekt vor mir, Respekt vor sich selbst und jedem menschlichen Leben.