Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer!
Was bedeutet es überhaupt zu beten? Ist es einen auswendig gelernten Text aufsagen oder doch eher frei sprechen? Ich glaube, das Gebet ist ein Gespräch mit Gott, in dem ich ihm alles sagen darf. Doch wie darf ich ihn überhaupt ansprechen? Ich habe einen kleinen Text von einem unbekannten Autor gefunden, der die Frage aufwirft: Gott, wie soll ich dich nennen? Hören Sie doch einfach mal hin:
Vater! Nein, nicht immer Vater. Mutter! Das klingt genau so bieder. Herr! Das hätte noch gefehlt. Mein Hirte! Ja bin ich denn ein Schaf? Erhabener! Zu abgehoben. Höchster! Zu weit weg. Heiliger! Zu fromm. Freund! Zu vertraut. Gott! Zu abstrakt. Wie soll ich dich nennen, ohne dass ich mir gleich ein Bild dazu mache? Ein ganz und gar irdisches Bild, meist abgegriffen oder gar besudelt. Wie komme ich aus dieser Vorstellung heraus, dass du ein alter Mann mit weißem Bart bist? Indem ich dich zur Abwechslung Mutter nenne? Ein Klischee ersetzt das andere. Namenloser! Das gefällt mir, aber kann ich dich dann noch nennen, zu dir rufen? Go…?
Vielleicht ist es ja auch gerade das: Du bist wie ein liebender Vater, eine fürsorgliche Mutter, doch ich trete auch mit Respekt vor dir, mein Herr. Du führst und beschützt mich wie ein Hirte seine Schafe, kennst uns alle beim Namen. Vielleicht ist Erhabener ja doch nicht zu abgehoben, denn du bist groß und mächtig. Vielleicht ist Höchster doch nicht zu weit weg, immerhin bist du überall und nirgendwo, umkreist unser ganzes Sein, du bist in allem und alles scheint von dir vorhergesehen. Vielleicht ist Heiliger doch nicht zu fromm, denn heilig bist du, dein Sohn und deine Werke ja nun mal wirklich. Freund; ich kann ja schließlich auf dich vertrauen, du bist immer da, selbst wenn andere mich alleine lassen und mich nicht verstehen.
Gott, ja vielleicht gerade deshalb Gott, denn du bist da, auch wenn ich dich nicht sehe, du bist nah und fern, zu jeder Zeit und das schon seit Menschen denken können, du hast viele Gesichter, bist hier und dort und doch wieder nirgendwo, bist Mensch und Natur, bist alles und bist nichts, bist du und ich, bist stark und schwach, groß und doch ganz klein, bist Anfang und Ende und ja, vielleicht gerade deshalb einfach nur Gott.
Ich wünsche allen einen schönen Tag!