In der Single-Auskopplung seines neues Albums "Wenn alle Stricke reißen", schwelgt Rudi Gall in Erinnerungen an eine unerreichbare Liebe, um letztendlich festzustellen, dass alles nur ein Wunschtraum gewesen ist. Das Ganze musikalisch augenzwinkernd unterlegt mit einer wunderschönen Streichersequenz im Refrain. "Du schaust dir die Welt von oben an, alles was unten liegt, das zieht an dir vorbei, zieht einfach vorbei, einfach vorbei. Steig jetzt endlich runter von dem Thron, die Krone sitzt nicht mehr gut und wackelt lange schon, verliert ihren Glanz, verliert ihren Glanz. Hängt der Himmel voller Geigen, dann tanzen wir verliebt. Miteinander einfach schweigen, das Glück ist reserviert, das Glück ist reserviert."
Wer sein Album mit solchen hoffnungsschwangeren Worten beginnt, hat den Glauben an die Kraft der Liebe noch nicht verloren. Und das ist gut so. Denn im Zuge des neuen Rudi Gall Albums verfällt man in einigen Momenten dem fatalen Glauben, es sei schon alles zu spät. Krieg und Tod, Missgunst und Neid, Sturmwind und Regen, Ignoranz und zersprungene Seelen kämpfen unentwegt, strecken sich zum Licht und flüchten hechelnd in Richtung Sonne. Rudi Gall und die Pappas stoßen uns mit ihren Songs in eine ziemlich brodelnde Gefühlswelt. Ein stetiges Auf und Ab. Wahrlich ein Balanceakt. Wie im wirklichen Leben.
Rudi Gall, Kämpfer für seine musikalische Sache, zeigt sich sensibel wie eh und je, bleibt seiner eigenen Stimme treu und sprüht Dank der Hilfe seiner musikalischen Mitstreiter vor Ideen. "Wenn alle Stricke reißen" ist mal klassischer Singer-Songwriter-Rock, mal Liedermacher. Texte und Arrangements sind immer gut durchdacht, mit kleinen instrumentalen Feinheiten gespickt, stets lebhaft, sentimental, traurig, zornig, romantisch und vollgestopft mit gefühligen Momenten. Der Sound dabei offenporig, transparent und druckvoll. Da geben SEBEL, der unter anderem auch die eine oder andere Gitarre spielt und Rudi Gall produktionstechnisch ein gutes und schlagkräftiges Team ab.
"Wenn alle Stricke reißen" darf man getrost als Album klassischer Machart kategorisieren. Eines von der Sorte, die man nicht nur so nebenbei hören kann, sondern von A bis Z verfolgen möchte. Jede Zeile, jede Wendung, jedes kleine Solo von Orgel und Gitarre, jeden kleinen Effekt und besonders die ausgesucht prickelnden Schlusstakte von Songs wie "Hängt der Himmel voller Geigen", "Du weißt nicht, was grad passiert" und "Brennt in Ruhrort noch ein Licht". Überraschung!
A propos Ruhrort: Hier hat Rudi einen Song kreiert, auf den ganz Duisburg und insbesondere Ruhrort stolz sein darf. Eine kleine, bittersüße, romantische und liebestrunkene Geschichte über einen urwüchsigen Stadtteil mit speziellem Charme. Rudi Gall und die Pappas präsentieren all jenen Hörern, die es noch gelernt haben zuzuhören, ein Album voller musikalischer Highlights. Eine feine Platte vom alten Schlag, die man immer wieder hören kann. Jeder wird für sich drei oder vier Lieblingslieder herauspicken können, doch letztendlich überzeugt dieses Album als musikalisches Gesamtpaket.
Leider soll "Wenn alle Stricke reißen" das letzte Gall-Album sein. Geplant sei noch eine dreifach CD "Perlen der Vergangenheit", bestehend aus einem deutschsprachigen und zwei englischsprachigen Alben, aber das soll dann der Schlusspunkt sein. Schade!
Rudi Gall bei Facebook
Rudi Gall und die Pappas - "Hängt der Himmel voller Geigen" aus dem Album "Wenn alle Stricke reißen" bei YouTube
Sendetermine
Sonntag, 17. November: 13:00 - 14:00 Uhr
Samstag, 23. November: 10:00 - 11:00 Uhr
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Biggi Müller (Textvorlage)