Der Abend war inhaltlich sehr dicht und tiefgehend, und wir sind froh, etwas zum Inhalt über diese Sendung an die Hörer weitergeben zu können.
Zusammenfassung der drei Referate: Dr. Andreas Wittrahm sprach als erster an diesem Abend vom Dreiklang des Tübinger Moraltheologen Alfons Auer "Chancen nutzen, Zumutungen annehmen, Erfüllungen auskosten". Diese drei Grundhaltungen bewirken, wenn der Mensch im hohen Alter diese praktizieren kann, etwas von seinem hohen Alter zu haben, statt diesen Lebensabschnitt als verlorene Lebenszeit zu bejammern.
Psychologin Petra Thewes sprach über einige psychologische Aspekte in der Hochaltrigkeit. Auch sie sprach von der veränderten Zeitwahrnehmung. Bei jüngeren Menschen verläuft die Zeit linear, immer vorwärts, Ziele verfollgen und so weiter. Im hohen Alter wird der Lebensradius immer kleiner, möglicherweise am Ende vom Sessel bis zum Bett. Der Blick kann dann nicht mehr nach vorne gehen, weil man wie gegen eine Mauer steht. Und gezwungenermaßen geht der Blick zurück. Die Zeit dreht dann im Kreis. Und gerade dieser Rückblick, dieses neu bündeln des eigenen Lebens wird zu einer wichtigen Aufgabe. Sein Lebenspuzzle erstellen, wobei gewisse Puzzlesteine vielleicht etwas verändert, verschönert werden, damit ein ansehnliches Bild dabei herauskommt. Auch ein Stück Selbstheilung, die beiträgt, zu Ende zu kommen, loszulassen. Die letzte Baustelle: Wer werde ich gewesen sein.
Petra Thewes weist auch darauf hin, wie wichtig es ist für alle Menschen, die "Hochaltrige" begleiten, mitzuwirken, dass durch die physische Abhängigkeit des alten Menschen nicht auch noch die Autonomie, das heißt die Selbstbestimmung und Mitbestimmung, eingeschränkt wird. Es ist für den alten Menschen so wichtig, noch Wünsche zu haben, diese zu äußern und möglichst erfüllt zu bekommen. Es geht oft um Kleinigkeiten: seine Ruhe zu haben, ein Eis im Hörnchen zu essen! und auch schon mal ein Risiko zu nehmen! Die Umgebung kann den alten Menschen unterstützen diese Wünsche noch zu spüren und auszusprechen. Es ist wichtig für den hochaltrigen Menschen, sich seiner eigenen Endlichkeit zu stellen, über den eigenen Tod reden zu können. Der Mensch möchte dann nicht vertröstet oder abgewehrt werden. sondern, dass ein Begleiter ihm intensiv zuhört.
Im dritten Referat ging Karl-Heinz Calles, pensionierter Priester, auf das Thema "Altern - eine geistliche spirituelle Aufgabe" ein, und wie der Glaube darin behilflich sein kann. Karl-Heinz Calles sprach davon, dass im Alter der "innere Mensch" immer mehr im Zentrum steht, es zu einer Verdichtung kommt. Und je näher man zum "inneren Kernpunkt" gelangt, umso näher kommt man dem göttlichen Funke im Menschen. Im sehr aktiven Leben - das siedelt der mittelalterliche Mystiker Tauler so bei 40 Jahren an - kann man kaum ein geistiger, spiritueller Mensch werden. Ab 50 beginnt ein Reifungsprozess, das Aktive wird was zurückgefahren und das beschauliche erhält Raum,Türen öffnen sich innen! Fragen nach dem Sinn des Lebens tauchen auf.
Definition hohes Alter laut Wittrahm: Die Zeit, ab der ich merklich viel mehr von meinen Kräften aufwenden muss, um den Alltag zu bewältigen. Am Fest "Christus, der König" fragen wir - wie Pilatus - "welche Art König bist du, Jesus?" Am Kreuz wendet sich einer der Schächer von Jesus ab und erwartet nichts von ihm, der andere wendet sich ihm zu und bittet "wenn du in dein Reich kommst, gedenke meiner". Und Jesus kann ihm - völlig festgenagelt ans Kreuz - zusprechen "heute noch, wirst du mit mir im Paradiese sein". Dieser Art ist Christus, unser König. Können wir ihm, wie der zweite Schächer, derart vertrauen?
Jean Pohlen